Letzte Woche Freitag ergab sich für mich die Möglichkeit neben der zigsten Aufzeichnung der heute-show auch die Aufzeichnung des neuen Formats von Dieter Nuhr in den WDR Studios in Köln zu besuchen. Überraschend fand ich, dass es Freikarten gab, immerhin sind bei Dieter Nuhr regelmäßig große Hallen in Deutschland ausverkauft. Dass es Freikarten gibt, kann natürlich eine bewusste Entscheidung des WDR sein, die lange Verfügbarkeit der Freikarten haben sie sicher nicht vorhergesehen. (Auch aktuell kann man sich wieder Freikarten für die beiden nächsten Termine mit dem Code NUHR-UMSONST sichern. Der Code ist genau mein Humor.)

© WDR/Max Kohr via DWDL.de
Das Setting der Show ist denkbar einfach. Dieter Nuhr fungiert als Spielleiter und neben ihm sitzen links und rechts jeweils zwei Comedians, die ein Team bilden. Diesen Teams liest Dieter Nuhr Fragen vor und teilt danach relativ zügig die Teams in Pro und Contra ein. Bei der Aufzeichnung, die ich besucht habe, waren -wie im Foto zu sehen- Olaf Schubert und Sebastian Pufpaff, sowie Monika Gruber und Torsten Sträter zu Gast. Sie machten allesamt einen guten Job, auch wenn man natürlich nicht jeden Humor teilt, insbesondere Pufpaff tat sich durch sehr schwarzen Humor hervor.
À propos Humor: Ich mag Dieter Nuhrs Humor, ich war bereits bei einem seiner Auftritte in Frankfurt. Irritiert hat mich seine Nervösität bei der Aufzeichnung, er ärgerte sich z.B. über die Comedians, die vor Beginn der Aufzeichnung nicht recht wussten, ob sie bereits sitzen oder noch stehen sollten. Ich hatte bei der Aufzeichnung den Eindruck, dass Nuhr nicht zufrieden mit dem neuen Format ist und ich bin der Meinung, dass er nicht damit zufrieden sein kann, da es einige Schwierigkeiten mit sich bringt, die ich kurz skizzieren möchte:
Keine Abwechslung
Allein der Aufbau der Kulisse erinnerte sehr an ein anderes TV-Format names „Vier sind das Volk“ (ZDF).

© ZDF/Guido Engels, via klatsch-tratsch.de
Auch in der Politik-Comedyshow ging es manchmal darum, dass zwei Teams das Dafür und Wieder eines meist fiktiven politischen Vorhabens diskutierten. Die Unterschiede der beiden Sendungen gehen allerdings weit über die politische Ausrichtung der ZDF-Sendung hinaus. So geht es bei Nuhrs Sendung allein um die Pro und Contra Diskussion, bei der kürzeren ZDF-Sendung gibt neben dieser Diskussion auch noch weitere Rubriken, wie zum Beispiel das Halten einer gänzlich unbekannten Powerpoint-Präsentation oder das schlagartige Ändern der eigenen Meinung auf Befehl. Dies macht die 30-minütige ZDF-Sendung insgesamt zur kurzweiligeren Show. In der Aufzeichnung habe ich mich nach einer halben Stunde beim Gedanken ertappt, dass die Sendung nun auch mal zu Ende könnte sein. Natürlich ist man bei einer Aufzeichnung aber auch angespannt und ist daher schneller erschöpft als auf dem heimischen Sofa.
Sendeplatz
Die Aufzeichnung dauerte etwas länger als eine Stunde, sodass man sicherlich ein paar Fragen, deren Besprechung wenig erheiternd war, heraus schneiden wird. Trotzdem finde ich die Dreiviertelstunde, die die Sendung heute um 22.45 Uhr im WDR dauern soll, etwas zu lang, da es neben den erwähnten Diskussionen keinen anderen Sendungsinhalt gibt. Im Vergleich zur ZDF-Sendung oder zur Sendung, die vorher auf diesem Sendeplatz stattgefunden hat, „Zimmer frei!“, ist diese Show eindeutig zu eintönig. In meinen Augen könnte hier die Einführung einer neuen Rubrik Abhilfe leisten, z.B. die Vorgabe eines kurzes Zeitlimit zur Argumentation zu einer Frage, beispielsweise „Schnell-Rat-Runde“ genannt. (Die Klage von Ingo Lenßen gibt es kostenlos dazu.) Oder man kürzt die Sendung auf eine halbe Stunde, sodass der beginnenden Langeweile das Sendungsende zuvor kommt.
Nach dem Ende von „Zimmer frei!“, das dort an gewohnter und gelernter Stelle Zuschauer anzog, dürfte es für Dieter Nuhr schwierig werden, zu so später Stunde lineare Zuschauer zu finden.

via YouTV App
Das Vorprogramm spricht Reisefreudige und später (Regional-) Sport-Begeisterte an. Früher gab es am Sonntag-Abend mehr Comedy, z.B. „Die unwahrscheinlichen Ereignisse im Leben von…“ und „Dittsche – Das wirklich wahre Leben“, das jetzt an einem anderen Wochentag im Programm zu finden ist. Auch das investigative Sportmagazin „sport inside“ passt für mich nicht so Recht in das Programmschema. Ich finde, für die Sendung von Dieter Nuhr ist das ein ausgesprochen schwieriges Umfeld und eine schwierige Uhrzeit. Eine kürzere Sendezeit und ein früherer Sendeplatz von „Nuhr gefragt“ würde dieses Problem lösen und darüber hinaus möglicherweise auch viele Zuschauende für das nachfolgende, in meinen Augen großartige, humorig angehauchte Fußball-Magazin mit Arnd Zeigler begeistern.
Keine Personalisierung
Die gestellten Fragen in der Aufzeichung waren offensichtlich allesamt von der Redaktion ausgedacht. Nie gab es einen Hinweis darauf, dass eine Frage eine Zuschauerfrage ist, allerdings forderte Nuhr während der Aufzeichnung die Zuschauer mehrmals dazu auf, Fragen über mail@nuhrgefragt.de einzureichen. Dies führte zwangsläufig dazu, dass der Humor nie die Entstehung der Frage einbezog. Es verwunderte mich, dass es zu diesem Zeitpunkt keine eingereichten Fragen zu beantworten gab, da der WDR bereits Wochen zuvor per Spot zur Einreichung von Fragen aufgefordert hatte. Dass die Fragen in den kommenden Folgen mit dem Namen des Fragestellenden, dem Alter und vielleicht dem Wohnort vorgetragen werden, ist zu hoffen! Dadurch, dass die Fragen wie aus der Luft gegriffen wirken, können die Akteure in der Sendung zunächst oft wenig mit der Frage anfangenw. Dies führte bei Dieter Nuhr zu Reaktionen wie „Was sind das für Fragen?“ und „Ich würde sagen „Ja!“, nächste Frage!“ unmittelbar nach der Fragestellung durch ihn selbst. Hier merkte man auch, dass eine für den Zuschauer nicht greifbare Redaktion die Fragenauswahl getroffen haben muss. Nuhr war hierbei wohl kaum involviert, was ihm bei seinen zahlreichen Engagements auch verziehen sei. Generell sollten bei der Fragenauswahl die im TV präsenten Comedians involviert werden.
tl;dr: „Nuhr gefragt – Die Pro und Contra Comedy“ ist eine neue Show des WDR, bei deren Aufzeichnung ich war. Die Sendung kam mir dabei grundsätzlich unterhaltsam vor, wurde aber auf Dauer eintönig. Auch der Sendeplatz (Sonntag, 22.45 Uhr im WDR Fernsehen) und die derzeitige mangelnde Personalisierung der Fragen bereitet mir Sorgen.
Da ich nun wöchentlich eine Rezension zu einem TV- oder Internetformat schreiben möchte, könnt ihr mir gerne schreiben, welches Format ich mir ansehen soll. tv@mariusmeyer.me